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Darmstadt Aktuell

200. Geburtstag von Heinrich Blumenthal am 12. Mai

(PSD) – Montag, 06.05.2024

Oberbürgermeister Benz: „Der Stadtteilplaner, Stadtverordnete, erste Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde, Unternehmer und Gründer des heutigen Johannesviertels hat als Pionier der Stadtentwicklung und des Wohnungsbaus Darmstädter Stadtgeschichte geschrieben“

Gruppenfoto: Heinrich Blumenthal (vordere Reihe, 6. Person von links im weißen Anzug) © Wissenschaftsstadt Darmstadt

Zum 200. Geburtstag von Heinrich Blumenthal am 12. Mai hat Oberbürgermeister Hanno Benz den Darmstädter Unternehmer, Stadtteilbegründer und Stadtverordneten Heinrich Blumenthal (1824-1901) gewürdigt: „Heinrich Blumenthal hat als Gründer des Blumenthalviertels, das heute Johannesviertel heißt, und als Pionier der Stadtplanung und des Wohnungsbaus Darmstädter Stadtgeschichte geschrieben. Heinrich Blumenthal war ein Mann mit Weitblick, der sich bleibende Verdienste um das Gemeinwohl und die Zukunftsfähigkeit Darmstadts erworben hat.“

Zudem habe sich Blumenthal als Stadtverordneter, bei der Verwundeten- und Krankenpflege im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71, als Vorsitzender der Liberalen Jüdischen Gemeinde und als einer der Motoren beim Bau der Liberalen Synagoge Friedrichstraße hohe Anerkennung erworben. Als erfolgreicher Unternehmer und Maschinenfabrikant habe er die Moderne und den Innovationsgeist seiner Zeit verkörpert. Zudem sei Blumenthal ein respektierter Kommerzienrat gewesen, der zu den Honoratioren der Darmstädter Stadtgesellschaft gehört habe. Neben Otto Wolfskehl war er die prägende deutsch-jüdische Persönlichkeit im 19. Jahrhundert, die sich für das Gemeinwohl in der Stadtgesellschaft engagierte.

Bis zum Bau der Johanneskirche 1894 trug das Johannesviertel den Namen seines Planers und Erbauers: Blumenthalviertel. Das Blumenthalviertel galt als eine typische Stadterweiterung Ende des 19. Jahrhunderts mit drei- bzw. viergeschossiger Bebauung, in der Formensprache des Historismus, mit Stilanleihen an Gotik, Renaissance und Jugendstil, deren Spuren man noch im Johannesviertel erkennen kann. Für das Projekt, im Nordwesten der Stadt einen neuen Stadtteil zu schaffen, erhielt Blumenthal als erster privater Unternehmer überhaupt in der Geschichte Hessen-Darmstadts einen offiziellen Auftrag durch den damaligen Großherzog. Im Herbst 1871 gründete Blumenthal mit der „Terrain- und Baugesellschaft Blumenthal & Co“ ohne städtische Beteiligung eine Baugesellschaft, die das etwa 10.000 Quadratmeter große Gelände zwischen Landwehr-, Blumenthal- und Frankfurter Straße fast komplett erwarb und federführend bei der Erschließung der Grundstücke war. Danach wurden einzelne Baugrundstücke zum Kauf angeboten, bereits 1874 zählte das neue Blumenthalviertel über 50 Häuser. 1893/94 entstand die Johanneskirche auf dem Johannesplatz und prägte von da an bald den Namen des Viertels. An den eigentlichen Viertelgründer erinnerte lang nur die „Blumenthalstraße“ (heute der obere Abschnitt der Kasinostraße in Höhe des Literaturhauses).

Blumenthals Familie stammt aus dem oberbayerischen Altenstadt. Blumenthal selbst wurde am 12. Mai 1824 als Sohn des Kaufmanns und Textilwarenhändlers Bernhard Blumenthal und dessen Frau Rebekka in Darmstadt geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters zog Blumenthal mit seiner Mutter, die das Konfektionswarengeschäft ihres Mannes fortführte, 1836 in das Haus E 39 am Ludwigsplatz. In den Räumen der ehemaligen Silberfabrik Moldenhauer begann Blumenthal seine unternehmerische Laufbahn als „Mechanicus“. Seit 1846 Bürger von Darmstadt, gehörte der Unternehmer Blumenthal schon bald zu den wohlhabendsten Darmstädter Bürgern. 1862/63 trieb Blumenthal den Bau von Wohn- und Geschäftshäusern am Nordrand der Promenadenstraße samt der Maschinenhalle am Landwehrweg voran. Im selben Jahr wechselte die Blumenthalsche Maschinenfabrik auf das Gelände zwischen der heutigen Bismarck- und Landwehrstraße. Um 1900 zählte diese zu einer der größten Fabriken in Darmstadt; in ihr wurden vor allem „Lokomobile“, d.h. fahrbare Dampfmaschinen produziert, die in der Landwirtschaft zum Dreschen eingesetzt wurden.

Seit 1866 war Blumenthal führendes Mitglied im Vorstand der Liberalen Jüdischen Gemeinde in Darmstadt („Israelitische Religionsgemeinde“). Bei der Einweihung der Liberalen Synagoge Friedrichstraße am 23. Februar 1876 war er als erster Vorsitzender der jüdischen Gemeinde eine der Schlüsselfiguren. „Gemeinsam mit Otto Wolfskehl und dem Großherzoglichen Landesrabbiner Dr. Julius Landsberger gehörte Blumenthal zu den Lichtgestalten des liberalen Darmstädter Reform-Judentums“, so Benz. Wolfskehl, Landsberger und Blumenthal waren die Motoren beim Bau des jüdischen Gottes- und Versammlungshauses.

Für seine Verdienste um das städtische Gemeinwohl erhielt Blumenthal am 7. Oktober 1868 das Ritterkreuz II. Klasse des Ludewigs-Ordens. Von 1871 und bis zu seinem Tod am 27. März 1901 war er für die Nationalliberale Partei Stadtverordneter in Darmstadt. Er war außerdem Ehrenmitglied des Kriegervereins Hassia, im September 1876 wurde Blumenthal zum Kommerzienrat ernannt.

Gegen Ende seines Lebens erlebte Blumenthal, wie der Traum von der deutsch-jüdischen Emanzipation zusehends zerstob: 1898 wählen 23,5 Prozent der Darmstädter Bürger einen antisemitischen Abgeordneten in den Reichstag. Das von 1894 bis 1904 in Darmstadt erscheinende antisemitische Blatt „Hessische Reform“ propagierte die „Aufhebung der Juden-Emanzipation“. Als Blumenthal 1901 starb, lobte ihn hingegen der damalige Oberbürgermeister Adolf Morneweg in höchsten Tönen: Darmstadt habe Blumenthals „weitschauendem Auge, der großen Erfahrung und dem Ideenreichtum“ sehr viel zu verdanken.

Mit Beginn der NS-Diktatur löschten die Machthaber die Erinnerung an Heinrich Blumenthal und dessen Verdienste in der Stadtentwicklung aus: Die Blumenthalstraße wurde in Taunusring, 1953 in Kasinostraße umbenannt. Erst seit 1982 gibt es in Darmstadt-Kranichstein wieder eine Blumenthalstraße. Blumenthals Grab auf dem Jüdischen Friedhof in Bessungen blieb dank der Zivilcourage des Friedhofsgärtners Oskar Werling erhalten, der den Friedhof in der NS-Zeit vor der Zerstörung bewahrte.

Oberbürgermeister Benz lobte die Initiative des Fördervereins Liberale Synagoge, der 2015 an der Nordwestseite des Johannesplatzes (Ecke Wilhelm-Leuschner-Straße) eine Gedenktafel zu Ehren Heinrich Blumenthals initiiert und eingeweiht hat. „Dies war und ist ein bleibendes Zeichen unserer Darmstädter Erinnerungskultur, ein Beitrag gegen das Vergessen und gegen jede Form von Antisemitismus“, so Benz.

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